Die Auflösung der Ampelkoalition markiert einen bedeutenden Wendepunkt in der deutschen Politik. Als Grüne blicken wir auf eine Zeit zurück, in der unter unserer Mitwirkung viele wichtige Gesetze und Reformen auf den Weg gebracht wurden. Die Erhöhung des Mindestlohns, die Einführung des Deutschland-Tickets und der Ausbau erneuerbarer Energien sind nur einige Beispiele für die positiven Veränderungen, die wir gemeinsam erreicht haben. Dennoch war die Kommunikation von Anfang an fehlerhaft, und es gab erheblichen Gegenwind aus Teilen der Medienlandschaft. Als erste Dreierkoalition in der Geschichte der Bundesrepublik stand das Gelingen von vornherein auf wackeligen Beinen. Letztlich waren die Unterschiede zwischen den Parteien zu groß und die politischen Herausforderungen zu komplex, um die Ampel langfristig zu erhalten. Wir bedauern, dass viele gute Ideen nun nicht mehr umgesetzt werden können, erkennen jedoch auch an, dass die Koalition zuletzt nicht mehr konstruktiv zusammenarbeiten konnte.
Die scharfen gegenseitigen Vorwürfe zwischen Kanzler Scholz und Minister Lindner werfen ein weiteres Schlaglicht auf die Spannungen innerhalb der Koalition. Auch wenn wir als Außenstehende nicht alle Details kennen, ist die Enttäuschung bei den Beteiligten spürbar und nachvollziehbar. Emotionen sind menschlich, doch sollten persönliche Konflikte nicht öffentlich ausgetragen werden. Das Verhalten einiger Mitglieder von SPD und FDP war hier unangebracht.
In Bezug auf die Verantwortung für das Scheitern der Ampel sehen wir vor allem Konfliktpunkte innerhalb der FDP als ausschlaggebend an. Ihre Politik unterscheidet sich deutlich von jener der SPD und uns Grünen, insbesondere durch eine geringere Priorisierung des Klimaschutzes und Kürzungen im sozialen Bereich. Diese Differenzen führten zu wiederholten öffentlichen Auseinandersetzungen, die dem Fortbestand der Koalition erheblich schadeten.
Kanzler Scholz‘ Entscheidung, im Januar die Vertrauensfrage zu stellen, zielt darauf ab, bereits vorbereitete Gesetzesentwürfe und Vorhaben noch zu verabschieden. Ein sofortiges Ende der Koalition würde eventuell das Aus für viele bereits vorbereitete Gesetzesentwürfe bedeuten. Allerdings hat CDU-Chef Friedrich Merz bereits klargestellt, dass die Union diese Pläne so nicht unterstützt und fordert, dass die Vertrauensfrage wesentlich früher gestellt werde.
Uns Grünen ist wichtig, dass wir handlungsfähig bleiben und wichtige Gesetzesvorhaben noch beschlossen werden können. Zudem stimmen wir Robert Habeck zu, dass dieser Schritt Sache des Kanzlers selbst sei und auch mit Blick auf die Organisation der Wahl abgewogen werden müsse.
Insgesamt blicken wir mit gemischten Gefühlen auf das Ende der Ampelkoalition zurück: Stolz auf das Erreichte, aber auch mit Bedauern über verpasste Chancen und notwendige Veränderungen in der politischen Zusammenarbeit.